HEINRICH GRAF ZU D O H NA - S C H L O B I T
T E N
1882 - 1944
Kampfe für das Recht bis zum Tod! Gott der Herr wird für
dich streiten!
Sirach 4, 28
Landwirt, Generalmajor a. D.
Graf zu Dohna, geboren am
15. Oktober 1882 zu Waldburg bei Königsberg, brachte in seinem Wesen und Dasein
zu reiner Erfüllung, wozu Herkunft und Erziehung ihn bestimmten. Als Edelmann
und vor allem als Christ erkannte er früh die tödliche Gefahr, die das
nationalsozialistische Regime für Deutschland und die Welt bedeutete. So gab er
seinem ältesten, später gefallenen Sohn bei dessen Einsegnung am 31. März 1935
die folgenden Worte auf den Weg: Eltern sehen an einem solchen Tage voller
Hoffnung auf den Lebenspfad, den ihr Kind schreiten soll. Voller Hoffnung, aber
auch voller Sorge. Besonders in der heutigen Zeit, in der dem Christen
Widerstände erwachsen, mehr denn je. — Unsere christliche Kirche steht im
schwersten Kampf, und dieser Kampf greift in das Leben auch des Einzelnen, ja
auch ganz besonders in das Leben der Jugend. Viele Kinder und Jugendliche, die
heute selbst noch ohne Urteil sind, werden hinübergezogen in das Neuheidentum.
Da heißt es dann: das Christentum sei undeutsch, es mache untüchtig zum Kampf,
es verweichliche. Blut und Rasse stünden höher. So schafft sich der Mensch Gott
nach seinem Willen. Nun, auch wir wollen Blut und Rasse nicht gering schätzen,
zumal wir uns als urwüchsiger, echter Zweig an unserem deutschen Stamm fühlen,
aber als Religion müssen wir beides ablehnen. Über beiden steht ein
Schöpferwille, der sie schuf und den Völkern zu eigen gab ...
Der Kampf für den Glauben ist Tradition in unserer Familie. Mag nun Gott dich
rüsten, daß auch Du ein Streiter wirst. Heute ist auch die Jugend zum Kampf
gerufen. Damit auch Du bald aus eigener Überzeugung sagen kannst: Es ist nicht
wahr, daß das Christentum verweichlicht und untüchtig macht, sondern der Glaube
an meinen Gott ist eine Kraft, wie diese Welt sie nicht geben kann und nicht
kennt. Von dieser Kraft magst Du Dich leiten lassen und Dir davon im täglichen
Gebet nehmen, soviel Du immer brauchst, um im Glauben zu stehen und diesen Kampf
zu führen „Männlich und stark!" Als die bedrängte Schar der Bekenntnispfarrer
und - theologen seiner Heimatprovinz eines Helfers bedurften, wandten sie sich
an Graf Dohna. Er versagte sich nicht, trat dem Provinzialbruderrat der
Bekennenden Kirche bei und wurde zu einem Pfeiler des kirchlichen Widerstands in
Ostpreußen. Bereit zum äußersten Einsatz schloß er sich den Männern des 20. Juli
an und wurde von seinen Mitverschworenen zum Oberpräsidenten von Ostpreußen
ausersehen. Am 14. September 1944 starb er als Opfer der dem Befreiungsversuch
folgenden Justizmorde.
Aus dem Abschiedsbrief an seine Frau
Berlin, 14. September 1944
Dies ist mein Abschiedsbrief. Wie maßlos schwer Abschied zu nehmen fürs Leben,
ohne sich noch einmal gesehen zu haben, ohne Umarmung, ohne einen letzten Kuß! —
Aber Gott hat es so gefügt, ich folge Ihm. Er hat mich in dieser ganzen Zeit
geführt. Ich habe bisher nicht eine schwache Minute gehabt, hoffentlich bleibe
ich fest bis zuletzt. Eure Gebete und besonders Deine, meine liebste . . ., habe
ich immer gespürt. Nun mußt auch Du stark bleiben, trotz allem Schmerz. Es ist
für Dich und die Kinder und Tolksdorf nötig. - Diesen Brief gebe ich offen ab.
Über meine Strafsache darf ich nichts schreiben.
So schließe ich Dich also im Geist in meine Arme und bitte Gott, daß er bei Dir
sei. Auf ein Wiedersehen dort oben, meine heißgeliebte, gute, treue ... Mir sind
in diesen Tagen immer wieder Ratschläge usw. durch den Kopf gegangen, aber es
lohnt sich nicht, sie zu schreiben. ... Ich bin in einer fast starren Haltung,
die, wie ich fürchte, auch diesem Brief zu sehr anhaftet. Aber wenn ich alles
sagen würde, was mich an Gefühlen beherrscht, so würde mich das umwerfen. Ich
bat in dieser schweren Zeit immer Christus, mich bei der Hand zu halten, Er tat
es und hielt mich stark.