Der letzte Brief
Briefe berühmter Menschen
Der letzte Brief: der königliche aller Briefe. Sein Aroma
ist köstlich.
Was sonst in armseliger Verteilung aus Briefen blüht:
Genialität des Denkens, Glaubens Liebens– im letzten Brief wird er zu
einer Synthese.
Sein Pathos ist unerhört- aber sein Ethos wächst darüber hinaus.
Beide –Pathos und Ethos – werden aufgenommen in die hohe Stimme einer
nie zu
entwirrenden Mystik.
Es ist das Schicksal der letzten Takte der neunten Symphonie, die
eingehen in die
Seligkeit eines metaphysischen Soprans. ....
Ilse Linden/ Der letzte Brief Eine
Sammlung letzter Briefe
Herausgegeben von Ilse Linden /Erschienen bei Oesterheld & Co Verlag
Berlin 1919
Priester Clemens August Graf von Galen
(1878 - 1946)
Der katholische Priester
Clemens August Graf von Galen (1878 --1946) war von 1933 bis 1946 Bischof von
Münster in Westfalen. Er kritisierte öffentlich die Kirchen--und
menschenfeindliche Politik der Nazis. In seiner Predigt am 3. August 1941
prangerte Er die Euthanasie als Mord an.
Auszug aus der „Euthanasiepredigt“ von Bischof Clemens-- August
Graf von Galen am 3. August 1941 in Münster
Seit einigen Monaten hören wir Berichte, dass aus Heil und Pflegeanstalten für
Geisteskranke auf Anordnung von Berlin Pfleglinge, die schon länger krank sind
und vielleicht unheilbar erscheinen, zwangsweise abgeführt werden. Regelmäßig
erhalten dann die Angehörigen nach kurzer Zeit die Mitteilung, der Kranke sei
verstorben, die Leiche sei verbrannt, die Asche könne abgeliefert werden.
Allgemein herrscht der an Sicherheit grenzende Verdacht, dass diese unerwarteten
Todesfälle von Geisteskranken nicht von selbst eintreten, sondern absichtlich
herbeigeführt werden, dass man dabei jener Lehre folgt, die behauptet, man dürfe
so genannt lebensunwertes Leben vernichten, also unschuldige Menschen töten,
wenn man meint, ihr Leben sei für Volk und Staat nichts mehr wert.
Eine furchtbare Lehre, die, die Ermordung Unschuldiger rechtfertigen will, die
gewaltsame Tötung der nicht mehr arbeitsfähigen Invaliden, Krüppel, unheilbar
Kranken, Altersschwachen grundsätzlich freigibt! ... Deutsche Männer und Frauen!
Noch hat Gesetzeskraft der §211 des Reichsstrafgesetzbuches, der bestimmt: ,«Wer
einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt hat,
wegen Mordes mit dem Tode bestraft.» Wohl um diejenigen, die jene armen
Menschen, Angehörige unserer Familien, vorsätzlich töten, vor dieser
gesetzlichen Bestrafung zu bewahren, werden die zur Tötung bestimmten Kranken
aus der Heimat abtransportiert in eine entfernte Anstalt.
Als Todesursache wird dann irgendeine Krankheit angegeben. Da die Leiche Sofort
verbrannt wird, können die Angehörigen und auch die Kriminalpolizei Hinterher
nicht mehr feststellen, ob die Krankheit wirklich vorgelegen hat und Welche
Todesursache vorlag. Es ist mir versichert worden, dass man im Reichsministerium
des Innern und auf der Dienststelle des Reichsärzteführers Dr. Conti gar keinen
Hehl daraus mache, dass tatsächlich schon eine grosse Zahl von Geisteskranken in
Deutschland vorsätzlich getötet worden ist und in Zukunft getötet werden soll.
...So müssen wir damit rechnen, dass Die armen, wehrlosen Kranken über kurz oder
lang umgebracht werden. Warum? Nicht, weil sie ein todeswürdiges Verbrechen
begangen haben! Nicht etwa, weil sie ihren Wärter oder Pfleger angegriffen haben
... Nein, nicht aus solchen Gründen müssen jene unglücklichen Kranken sterben,
sondern darum, weil sie nach dem Urteil irgendeines Amtes, nach dem Gutachten
irgendeiner Kommission lebensunwert geworden sind, ... Arme Menschen, kranke
Menschen, unproduktive Menschen meinetwegen. Aber haben sie damit das Recht auf
das Leben verwirkt? Hast du, habe ich nur solange das Recht zu leben, solange
wir produktiv sind, solange wir von anderen als Produktiv anerkannt werden? Wenn
man den Grundsatz aufstellt und anwendet, dass man den unproduktiven Mitmenschen
töten darf, dann wehe uns allen, wenn wir alt und altersschwach werden! Wenn man
die unproduktiven Mitmenschen töten darf, dann wehe den Invaliden, die im
Produktionsprozess ihre Kraft, ihre gesunden Knochen eingesetzt, geopfert und
eingebüßt haben!
Wenn man die unproduktiven Mitmenschen gewaltsam beseitigen darf, dann wehe
unseren braven Soldaten, die als schwer Kriegsverletzte, als Krüppel, als
Invalide in die Heimat zurückkehren. Wenn einmal zugegeben wird, dass Menschen
das Recht haben, unproduktive Mitmenschen zu töten, ...dann ist der Mord an uns
allen, wenn wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freigegeben.
Dann ist keiner von uns seines Lebens mehr sicher.
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Auszug aus der
„Euthanasiepredigt“ von Bischof Clemens - August Graf von Galen am 3.
August 1941 in Münster
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