Käthe Niederkirchner
1910 - 1944
33 Jahre alt - Angestellte • geboren 1910, - Betätigte sich von
früher Jugend aktiv an der deutschen Arbeiterbewegung • 1932 wegen
der hervorragenden Rolle, die sie im Streik der öffentlichen
Transportarbeiter Berlins spielte, erstmals verhaftet • 1933 zum
Verlassen Deutschlands gezwungen, - Kehrte 1943 heimlich dorthin
zurück, wurde verhaftet, von Gefängnis zu Gefängnis verschoben und
schliesslich in das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert.
• In Ravensbrück am 27, September 1944 umgebracht.
21. September 1944, abends.
Vier Tage bin ich nun schon hier in der Zelle, und noch immer hat
mir niemand gesagt, warum, weshalb. Es ist so schwer mit dem Leben
abzuschliessen, wenn man noch so jung ist. Ich bin hier mit drei
Frauen zusammen, die teils geistig anomal, teils minderwertig sind.
An Aussprachen ist überhaupt nicht zu denken. Warum wartet man mit
dem Morden so lange? In meinem Kopf dreht sich alles. Ich erwäge
alle Möglichkeiten,
23. September 1944, abends.
Meine liebe, gute
Hilde.
Ich bin so froh, dass wir uns noch getroffen haben. Du hast Dich
wirklich wie ein treuer Kamerad gezeigt und mir noch so viel Liebe
erwiesen, ich danke Dir. Alle Kameraden, die mich gar nicht kannten
waren so gut zu mir. Jeden Tag schliesse ich mit dem Leben ab und
denke, heute abend ist es so weit, und die Nacht ist entsetzlich.
Dann fängt wieder ein Morgen an, und die Qual beginnt neuem. Werden
sie heute kommen?
25. September 1944, abends.
Heute will ich Abschied nehmen von meinen Lieben. Ich habe eine
Ahnung, dass ich nicht mehr lange hier bin. Meinem lieben, teuren
Vater müsst Ihr sagen, dass ich ihm keine Schande gemacht habe. Ich
habe niemanden verraten. Meine Gedanken sind ständig bei ihm. So
gern hätte ich ihn noch einmal gesprochen. Meine gute Mutter, meine
Schwester Mia, meine Brüder, allen meine letzten Grüße. Mia, wir
hätten uns gerade die letzten Jahre so gut verstanden. Vergesst Eure
Katja nicht.