Der letzte Brief
Briefe berühmter Menschen
Der letzte Brief: der königliche aller Briefe. Sein Aroma
ist köstlich.
Was sonst in armseliger Verteilung aus Briefen blüht:
Genialität des Denkens, Glaubens Liebens– im letzten Brief wird er zu
einer Synthese.
Sein Pathos ist unerhört- aber sein Ethos wächst darüber hinaus.
Beide –Pathos und Ethos – werden aufgenommen in die hohe Stimme einer
nie zu
entwirrenden Mystik.
Es ist das Schicksal der letzten Takte der neunten Symphonie, die
eingehen in die
Seligkeit eines metaphysischen Soprans. ....
Ilse Linden/ Der letzte Brief Eine
Sammlung letzter Briefe
Herausgegeben von Ilse Linden /Erschienen bei Oesterheld & Co Verlag
Berlin 1919
Perels
Friedrich Justus
1910 - 1945
Justitiar des
Bruderrates der altpreußischen Union
Geboren am 13. November 1910 in Berlin. Ermordet am 23. April 1945.
Aus letzten Briefen an seine Frau
Man muß so glauben wie Abraham, Moses und Jakob und wie diejenigen im
Evangelium, an denen der Herr Wunder tut. Man darf nicht mit Gott
rechten, immer wieder zu Ihm kommen, gerade dann, wenn wir fühlen, daß
die Kräfte nachlassen. Das Schlimmste ist Gleichgültigkeit.
Ich bin ganz getrost, wie alles auch werden mag. In dieser Zeit habe ich
viel innere Hilfe erfahren. Das Entscheidende für uns alle ist: Christi
Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck- und Ehrenkleid. Ich muß
erst ganz kaputt gehen und zuschanden werden, um das zu verstehen. Darum
sei ganz getrost. Er hilft Dir und Euch allen wunderbar.
Jetzt gehen die Tage wieder so dahin und für jeden Tag erbitte ich mir
Hilfe und Trost und umgebe Euch mit meinen Gedanken und Bitten im Gebet.
Die Stunden gehen hier so hin. Nicht immer ist es leicht, aber bis
hierher hat der gnädige Gott mir noch immer geholfen, und ich vertraue
darauf, daß er Dich und mich nicht verlassen wird. Eine Woche ist nun
wieder verstrichen und die innere Spannung, die in den ersten Tagen nach
dem Termin angehalten hatte, läßt wieder nach.
Ich bin sehr dankbar, daß ich mich auf das zeitliche Ende in der Stille
hier vorbereiten darf. Da sehe ich von Tag zu Tag unerkannte Schwäche
und Sünde. Und ich versuche, die einfach Gott zu übergeben. Wie alles
auch kommen mag, wir wissen es nicht. Gott allein weiß es, Er hat mich
hier nicht verlassen sondern oft wunderbar errettet und gestärkt. Er
wird Dich auch ganz gewiß nicht verlassen. Halte Dich ganz fest an Ihn.
Er ist auferstanden und lebt.
Aber über all unsere Not, Anfechtung und Sünde dürfen wir uns in den Tod
und der Auferstehung des Herrn getrösten. Das höre ich immer wieder, und
das gilt auch für Euch. Heute am Karfreitag steht der ganz große Trost
des Kreuzes Jesu Christi unmittelbar vor unseren Augen.
Das ist eine starke und ewige Gewißheit, daß Er für unsere Sünden
dahingegeben ist, und daß wir durch Seine Wunden geheilt sind. Diese
Gewißheit gibt Er uns und macht uns damit in der größten Trübsal
fröhlich und reißt uns aus Angst und Qual.
Das erfahre ich hier in ganz reichem Maße. Und daran und an nichts
anderes dürft und sollt Ihr Euch auch halten.
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Literatur: Du hast
mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider
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