Simoleit Herbert
1908 - 1944
Meine geliebten Eltern und Geschwister!
Bevor ich mich in die Arme des gerechten und barmherzigen Gottes werfe, will ich
noch einmal hier auf Erden Euch herzlich umarmen.
Verzeiht mir den schweren Schmerz, den ich Euch antun muß, und, bitte, weint und
klagt nicht um mich, denn ich gehe zum Vater, zu Gott, der meine Jugend erfreut
hat ...
22 Monate war ich nun abgeschlossen von aller Welt, endlich kann ich sagen: „Laqueus
contritus est et nos liberati sumus! — die Schlinge ist zerrissen und wir sind
frei!"
Mein geliebtes Muttchen! Alles habe ich Dir zu verdanken, alles, was in meinem
Leben groß und schön war! Nun dieser Schmerz. Ich fühle Dich heute den ganzen
Tag in meiner Nähe ... O Mutti, was sind wir doch trotz vieler Not gesegnet
gewesen und glücklich. Jetzt wollen wir vom Vater nehmen, was Er uns auferlegt,
das Kreuz Seines geliebten Sohnes.
„Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach."
Das will ich jetzt versuchen, denn die größte Wirksamkeit in der Welt ist das
Leiden. Auf Wiedersehen dort, wo alle Tränen versiegen, auf Wiedersehen bei
unserem himmlischen Vater. Maria, die unter dem Kreuze ihres Sohnes stand, steht
bei mir und hilft meiner Schwachheit . . .
Meine Lieben alle! Ganz weit breite ich meine Hände über Euch alle und sende
Euch aus meinem priesterlichen Amte meinen priesterlichen Segen: „Im Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen."
In dieser Stunde schließe ich Euch alle, unsere heilige Kirche und mein
geliebtes Vaterland, in meinen Segen ein, daß Frieden und Segen und Glück
überall herrsche.
Wie freute ich mich, als man mir sagte: „Jetzt gehen wir in das Haus des Herrn!"
Auf Wiedersehen in Gott! Euer alle herzlich liebender Sohn und Bruder
Herbert
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Literatur: Du hast
mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider