Erika von
Brockdorf
1910 - 1943
33 Jahre alt • Sozialgehilfin - geboren am 13. Februar
1910 in Pommern. - Im Luftamt beschäftigt - arbeitete zusammen mit ihrem
Gatten Cay in der WiderStandsgruppe «Rote Kapelle». Mit dem Gatten, der
wieder freigelassen wurde, und allen führenden Mitgliedern der Gruppe
Ende August 1942 von der Gestapo in Berlin verhaftet.
- Zwischen dem 15, und 19. September 1942 vom Reichskriegsgericht «Senat
II» abgeurteilt und neben Mildred Harnack als einzige nicht zum Tode
verurteilt. - Nach Wiederaufnahme des Prozesses auf Befehl Hitlers wurde
sie am 13. Mai 1943 zusammen mit Walter Husernann und sieben anderen
Patrioten in Berlin - Plötzensee enthauptet.
Mein Cay!
Wie magst Du in diesen Tagen um mich gebangt haben. Ich habe wohl mehr
an Dich gedacht, als an mich. Ich weiss, dass, - wenn Du zehn Leben
hättest, Du sie alle für mich hingeben würdest. Aber hier kann mir ja
nun wirklich niemand helfen. Diesen Weg müssen wir alle allein gehen.
Noch mein letzter Atemzug wird ein Dank an das Schicksal sein, dass ich
Dich lieben und mit Dir sieben Jahre leben durfte. Ich hätte Dich so
gerne noch einmal gesehen, aber da ich keinerlei Vergünstigungen haben
soll, bin ich stolz, eine vergebliche Bitte zu tun, ebenso, wie ich auch
kein Gnadengesuch geschrieben habe, weil mein Tod jaeine beschlossene
Sache ist.
Ich halte mit Dir Zwiesprache, mein Liebes. Eben habe ich mir von Dir
ein Versprechen geben lassen, dass Du nicht lange traurig sein wirst,
denn Du würdest mir die Ruhe für die letzten Tage rauben, die ich doch
brauche, wenn ich durch das dunkle Tor gehe.
Niemand soll sagen können von mir, ohne zu lügen, ich hätte geweint und
am Leben gehangen und darum gezittert. Lachend will ich mein Leben
beschliessen, so wie ich das Leben lachend am meisten liebte und noch
liebe.
Mein lieber Cay, nun will ich mich von Dir verabschieden. In dieser Not
blieb uns kein Freund als Mut und schneller Tod. Sei mir zum letzten Mal
gegrüsst, mein Liebes. Was ich Dir schon einmal sagen konnte, muss ich
Dir auch in dieser Stunde sagen: Mein leben war ohne Dich nichts, es hat
durch Dich erst Sinn und Inhalt bekommen. Das bewährt sich jetzt. Denke
ab und zu an mich, aber sei nicht traurig.
Ich bin gefasst und sehr ruhig. Es tröstet mich die Einsicht in die
Notwendigkeit.
Alles Gute für Dich, für Deine Zukunft.
Deine Erika
Literatur
Und die Flamme soll euch nicht versengen/ 1955 Steinberg Verlag Zürich
1955
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