COPPI
HILDE
1909 - 1943
Mit ihrem Mann, Hans Coppi, wegen Zugehörigkeit zu einer
sozialistischen Widerstandsgruppe im September 1942 verhaftet.Im Gefängnis
wird der Sohn Hans geboren; einen Monat darauf wird der Vater, acht Monate
später, am 5. August im Alter von 34 Jahren, die Mutter hingerichtet
Meine Mutter, meine herzgeliebte Mutti!
Nun ist es bald so weit, daß wir Abschied nehmen müssen für immer.
Das Schwerste, die Trennung von meinem kleinen Hans, habe ich hinter mir.
Wie glücklich hat er mich gemacht!
Ich weiß ihn gut aufgehoben in Deinen treuen, lieben Mutterhänden, und um
meinetwillen, Mutti, versprich es mir, bleibe tapfer.
Ich weiß, daß Dir das Herz brechen möchte, aber nimm es fest, ganz fest in
Deine beiden Hände. Du wirst es schaffen, wie Du es immer geschafft hast,
mit dem Schwersten fertig zu werden, nicht wahr, Mutti? Der Gedanke an
Dich und das Herzeleid, das ich Dir zufügen muß, war und ist mir der
unerträglichste; daß ich Dich allein lassen muß, in dem Alter, wo Du mich
am nötigsten brauchst.
Kannst Du mir das je, jemals verzeihen?
Als Kind, weißt Du, wenn ich immer so lange wach lag, beseelte mich der
eine Gedanke: vor Dir sterben zu dürfen. Und später hatte ich den einen
Wunsch, der mich ständig bewußt und unbewußt begleitete:
Ich wollte nicht, ohne ein Kind zur Welt gebracht zu haben, sterben.
Siehst Du, diese beiden großen Wünsche haben sich erfüllt, also somit mein
Leben. Ich gehe nun zu meinem großen Hans. Der kleine Hans hat - so hoffe
ich - das Beste von uns als Erbe mitbekommen.
Und wenn Du ihn an Dein Herz drückst, ist Dein Kind immer bei Dir, viel
näher, als ich Dir jemals sein kann. Der kleine Hans - so wünsche ich -
soll hart und stark werden mit einem offenen, warmherzigen, hilfsbereiten
Herzen und dem grundanständigen Charakter seines Vaters.
Wir haben uns sehr, sehr lieb gehabt.
Liebe leitete unser Tun. " Wer immer strebend sich bemüht, den können wir
erlösen"
Meine Mutter, meine einzige gute Mutter und mein kleines Hänschen, alle
meine Liebe ist immer ständig um Euch, sei tapfer, wie ich es auch sein
will.
Immer
Deine Tochter Hilde
Literatur: Du hast mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneid