Hassell Ulrich von
1881 - 1944
Botschafter. - Ulrich
von Hassell, geboren am 12. November 1881, lebte und dachte im Geist »der
großen Gemeinsamkeit des Christentums und des Abendlandes«. Diese
Überzeugungen brachten ihn in Konflikt mit dem herrschenden System: er
wurde der führende außenpolitische Denker der deutschen
Widerstandsbewegung. Den Zauderern gegenüber drängte er auf Taten: »Es ist
unsere Pflicht, den Wagen nicht erst in den Abgrund rasen zu lassen,
sondern sich noch vorher auf den Bock zu schwingen, obwohl keine Ehre
dabei zu holen und nur noch wenig zu retten ist.« Am 20. Juli 1944 wurde
die Tat versucht und mißlang. Am 28. Juli drang die Gestapo in Hassells
Büro, wo sie Hassell, der von ihrer Ankunft verständigt worden war, an
seinem Schreibtisch sitzend empfing. Am 8. September 1944 wurde er
hingerichtet.
Abschiedsbrief an die Gattin, wenige Minuten vor der Hinrichtung
geschrieben
Berlin- Plötzensee, Königsdamm 7 den 8. September 1944
Mein geliebtes Ilselein!
Heute vor 30 Jahren habe ich meine französische Kugel bekommen, die ich
(im Herzen) bei mir trage. Heute ist auch das Urteil des
Volksgerichtshofes gefällt worden.
Wenn es, wie ich annehme, vollstreckt wird, so endet heute das über alle
Maßen reiche Glück, das mir durch Dich geschenkt worden ist.
Es war gewiß zu reich, um länger zu dauern!
Ich bin auch in diesem Augenblick vor allem von tiefer Dankbarkeit
erfüllt, gegen Gott und gegen Dich.
Du stehst neben mir und gibst mir Ruhe und Stärke. Dieser Gedanke übertönt
den heißen Schmerz, Dich und die Kinder zu verlassen.
Gott lasse Deine und meine Seele einst sich wiederfinden.
Aber Du bist im Leben; das ist mein ganzer Trost in allen Sorgen um Euch,
auch den materiellen und um die Zukunft der Kinder, daß Du stark und
tapfer bist, ein Fels, aber ein lieber, süßer Fels, für die Kinder.
Sei immer so gut und gütig wie Du bist, verhärte Dich nicht.
Gott segne Dich und Deutschland!
im tiefer Liebe und Dankbarkeit küsse ich Dich Dein Ulrich
Literatur: Du hast mich
heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider