CÄSAR VON HOFACKER
1896 - 1944
Oberstleutnant
Dr. Cäsar von Hofacker, geboren 1896, geboren 1896, gehörte dem Stab des
deutschen Befehlshabers in Paris an und wurde dort das eigentliche Haupt
der Widerstandsbewegung im Westen. Nachdem alle Versuche, ihm nach seiner
Verhaftung Informationen über die Verschwörung vom 20. Juli 1944 zu
entlocken, gescheitert waren, erfolgte am 22. Dezember 1944 seine
Hinrichtung.
Aus einem Brief, geschrieben zu der Konfirmation seiner beiden ältesten
Kinder, die am 2. April 1944 stattfand.
Liebe Konfirmanden!
Warum haben wir gerade in der heutigen Zeit Anlaß, uns mit besonderer
Inbrunst zum christlichen Glauben zu bekennen? Weil wir mehr denn je
fühlen, daß jeder von uns in Gottes Hand ist, daß Er die Menschen und
Völker lenkt und daß wir daher tief demütig sein müssen; daß die Menschen
die Demut, die Ehrfurcht vor etwas Höherem, Reinerem, Größerem als sie
selbst brauchen, wenn sie nicht dem Übermut, dem Größenwahn, dem
Verbrechen verfallen wollen.
Weil wir fühlen, daß das es bestimmte ewige Gesetze des Gut- Seins des
Edelmuts, der Gerechtigkeit gibt, die man nicht ungestraft verletzen darf,
und die die Menschen nur dann einhalten, wenn sie - anstatt nur an die
Möglichkeit dieser Gesetze - an Gott glauben, der das Gute will und das
Schlechte bekämpft.
Weil wir fühlen, daß Gott in der einmaligen großen Persönlichkeit von
Jesus Christus, unserem Heiland den Menschen ein Geschenk gemacht, eine
Offenbarung gespendet hat, für die wir gar nicht tief genug dankbar sein
können.
Durch seinen Mund, durch sein Leben und Wirken und Leiden hat uns Gott
jene großen ewigen Lehren und Grundsätze verkündet, die wir Menschen
einhalten, nach denen wir leben und streben müssen, wenn wir besser,
reiner, glücklicher werden wollen.
Die Lehre Christi ist das größte und tiefste Vermächtnis, das Gott uns
Menschen bisher gegeben hat. Beinahe 2000 Jahre hat sie die Entwicklung
der Menschen, insbesonders in Europa, bestimmt und gerade die Besten und
Edelsten unter ihnen immer wieder veranlaßt und angespornt, zu versuchen,
die Menschen auf eine höhere Stufe der Sittlichkeit emporzuheben. Immer
wieder haben sich Menschen gefunden, die — wie z. B. Martin Luther — dann,
wenn die Lehre Christi von kleinen Geistern verfälscht oder zu irdischen
Zwecken mißbraucht wurde, sie von künstlichen Schlacken befreit und wieder
auf ihren reinen Kern zurückgeführt haben.
Und immer hat es dann schwere Rückschläge und Katastrophen gegeben, wenn
die Menschen glaubten, ohne Religion, d. h. ohne innere Bindung an Gott,
ohne Erfurcht vor einer höheren Macht auskommen zu können.
Es gibt nun einmal in der ganzen bisherigen Geschichte keine geistige
Macht, die so wie das Christentum es verstanden hat, die Menschen dazu zu
bringen, ihre eigenen Grenzen zu erkennen, das Gute zu wollen und dem
Schlechten zu widerstehen.
Und einem solchen Glauben, der soviel Gutes zustande gebracht hat, dem
alle unsere Vorfahren angehangen haben, dem nichts Gleichwertiges
gegenübergestellt werden kann, sollten wir unsere Ehrfurcht versagen,
sollten nicht auch wir überzeugt und freudig angehören? Gerade heute, wo
es so bitter notwendig ist, Millionen verzweifelter Menschen wieder
inneren Halt, Zuversicht, ruhige Stärke zu geben.
Man kann ein guter Christ und trotzdem ein guter Deutscher sein. Beides
widerspricht sich nicht, sondern im Gegenteil ergänzt und steigert sich.
Wir Deutschen werden uns um so mehr die Achtung der fremden Völker
erwerben, wenn das, was wir tun, nicht gegen diejenigen christlichen
Gesetze verstößt, die auch sie hochhalten. Sich zum Christentum bekennen,
ein guter und starker Christ sein, die großen ewigen Lehren und Mahnungen
des Heilands im Neuen Testament sich zur Richtschnur des eigenen Handelns
zu machen, steht nicht im Gegensatz zu den Pflichten, die Du, Eberhard,
einstmals als deutscher Mann und Kämpfer und Du, Annele, einst als
deutsche Frau und Mutter zu erfüllen haben werdet, sondern enthält in
heutiger Zeit mehr denn je alles das, was notwendig ist, um durch das
eigene Beispiel unser armes, aus tausend Wunden blutendes deutsches Volk
wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Der heutige Tag ist für Euch eine neue Grundlage für Euer ganzes künftiges
Leben. Möget Ihr Euch gleich der langen Kette Euerer Vorfahren stets mit
Mut und Stolz dazu bekennen!
In Liebe und Vertrauen umarmt Euch Euer
Vater
Literatur: Du hast
mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider