HELMUT KLOTZ
1894 - 1943
Marineoffizier
Geboren am 30.
Oktober 1894 in Freiburg/Breisgau; zum Tode verurteilt am 27. November
1942; hingerichtet am 3. Februar 1943 in Berlin - Plötzensee.
Dr. Helmut Klotz war zunächst ein begeisterter Anhänger Hitlers und gab
damals seiner politischen Überzeugung in der von ihm herausgegebenen
Zeitschrift „Die weiße Fahne" Ausdruck. Es wird berichtet, daß Klotz es
war, der dem seelisch zusammengebrochenen Hitler nach dem mißglückten
Münchener Putsch seine Selbstmordgedanken ausredete.
Bei einer Eisenbahnfahrt begegnete er Wilhelm Sollmann, und das Gespräch
mit diesem klugen Sozialisten und früheren Reichsminister brachte eine
vollständige Sinneswandlung in Klotz hervor. Er wurde zu einem
leidenschaftlichen Gegner des Naziregimes, und bereits im Jahre 1933 fand
sich sein Name auf einer Ausbürgerungsliste. Er flüchtete nach Frankreich,
wo er als Schriftsteller seinen Kampf gegen den Naziterror fortsetzte.
Zusammen mit anderen Mitgliedern der politischen Emigration wurde er nach
der Besetzung Frankreichs an die Gestapo ausgeliefert, vor ein
Volksgericht gestellt und von Freißler zum Tode verurteilt.
Abschieds Brief an die Mutter
Berlin - Plötzensee, 3. Februar 1943 (nachts)
Liebe, liebe Mutter, der ewige Gott hat es anders bestimmt, als wir alle
es bis zuletzt hofften und von Ihm erbaten. Er weiß, warum Er mich heißt,
diesen Weg zu gehen; wir aber werden es wissen. Und wir beugen uns in
Demut, ja, in Dankbarkeit vor Ihm, denn Sein Weg wird auch für uns der
beste sein. Ich gehe Dir und Maria und allen unseren Lieben voran, in die
Ewigkeit.
Ich werde beten für Dich und Maria und Euch alle, ich werde die Stätte,
die uns wieder vereinigen wird, vorbereiten.
Was soll ich Dir sagen in dieser letzten irdischen Stunde? Es kann nur
Dank sein; Dank für alles, was Du mir je gabst, Dank vor allem für den
Glauben, den Du Deinem kleinen Jungen einst ins Herz legtest und den der
Mann in schweren Kämpfen wieder hob und zur Vollendung zu führen redlich
bemüht war.Und es muß sein, die Bitte um Verzeihung: vergib mir alles,
woran ich es je Dir gegenüber habe fehlen lassen. Und ich weiß es selbst
am besten, es ist vieles, vieles, was Du mir nachzulassen hast.
Doch ich weiß, Du hast mir längst vergeben, ja, Deine Mutterliebe hat ein
Wort der Anklage nie aufkommen lassen. Ich danke Dir, Mutter, ich danke
Dir so. Ich lasse Dir Maria und meine Jungens zurück. All die Liebe, die
Du bisher in so reichem Maße mir zuteil werden ließest, bitte ich Dich
Maria zu schenken.
Sie ist, neben meinem Glauben, das Edelste, was ich hinterlasse; von
ganzem Herzen wünsche ich, daß sie in ihrem Leben Erfüllung und Freude
finden möge. . . .
Gedenket an mich im Bewußtsein, daß ich Gutes erstrebt habe. ... Das
beiliegende Bild von Maria, das während der letzten Nacht vor mir stand,
sei mein letztes irdisches Geschenk an Dich.
Dein Bild soll Maria erhalten. Die Zeit drängt. ... Bitte grüße auch Du
Pfarrer Lemke von mir und danke ihm für die mir gewährte Hilfe. Ich konnte
ihn nicht mehr sehen. Die Vollstreckung des Urteils wurde zu plötzlich
angeordnet, als daß er noch benachrichtigt werden konnte.
Leb wohl, meine liebe gute Mutter; nochmals Dank, Dank. Mit dem Gebet für
Dich, für Maria, für meine Jungens, für unsere Lieben — auch für meine
Feinde, werde ich scheiden. Und mein erstes Gebet in jener anderen Welt,
in deren Gewißheit ich lebe — und sterbe, wird Dir und Maria und Euch
gewidmet sein.
Und nun zum letzten Male, Gott segne Dich und behüte Dich.
Ich küsse Deine treuen Mutterhände. In ewiger Dankbarkeit, in tiefem
Glauben, sage ich. Dir lebe wohl, und werde ich Dir dereinst entgegenrufen:
Helmut
Literatur: Du hast
mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider