LEISNER KARL
1915 - 1945
Im Jahr 1996 wurde
der Priester in Berlin seliggesprochen.
Er starb an den Folgen seiner KZ-Haft.
In einer seiner letzten Tagebuchaufzeichnungen, vom 29. April 1945 im KZ
Dachau, hatte Leisner die Befreiung des Lagers durch die amerikanischen
Soldaten beschrieben:
Morgens in der Bettruhe Einschläge schwerer Artillerie in der Nähe.
Maschinengewehr- und Gewehrfeuer. Die Nacht zuvor schon gute Schießerei.
Große Hoffnung! „Der Tag für Freiheit und für Brot bricht an" - singe ich
spaßhaft und doch ernst. Es wird so. Die weiße Fahne auf Kommandatur etc.
- Was wird geschehn? Um 17.30 Uhr die ersten amerikanischen Soldaten.
(Vorher Gerücht, das Lager sei übergeben.) Riesiger Jubel im Lager,
Freudenausbrüche bis an die Grenze des Möglichen. Die amerikanischen
Soldaten werden zerdrückt. Polen stürmen Jourhaus, zertrampeln das
Hitlerbild, zerschmettern die SS-Gewehre. Eine Stimmung, unbeschreiblich.
In zehn Minuten flattern die Fahnen der befreiten Nationen. Herrlich! Ich
liege schwer krank da. Höre das alles nur von Weitem und vom Erzählen.
Ziehe mir die Decke übers Gesicht und weine zehn Minuten vor
überwältigender Freude. Endlich frei von der verdammten Nazityrannei! Bis
auf zehn Tage waren's fünfeinhalb Jahre hinter Gittern. Ich bin
überglücklich. Heil unseren Befreiern!
Mit gefesselten Händen Kurzporträts und Briefe von Verfolgten des NS -
Regimes Verlag Neue Stadt München 2017