KAI MUNK
(Daten unbekannt)
Pfarrer. - In
Dänemark schien es vorerst, als ob zwischen der Kirche und der
Besatzungsmacht keine ernstliche Spannung bestünde Man. schien sich in das
Unvermeidliche zu fügen. Doch die Maßnahmen gegen die Juden und die
fortschreitende Unterdrückung des Rechts riefen auch hier die Mahner auf
den Plan. Der einflußreichste und der unerschrockenste unter ihnen war der
auch als Dichter bekannte Pfarrer Kaj Munk. Er fiel in den ersten Tagen
des Jahres 1944 in seinem 46. Lebensjahr durch Mörderhand.
Aus seinen Predigten
Es gibt Leute, die sich einbilden, dass man die Wahrheit sozusagen
einsalzen könne. Man könne sie im Salzeimer versteckt liegen lassen,
meinen sie, um sie herauszunehmen und ein Stück davon zu verwenden, wenn
sich gelegentlich die Situation dafür eignet. Aber auch bei uns gibt es
Leute, die den lebendigen Glauben haben, daß die Wahrheit da ist, um
gesagt zu werden, und daß sie nur da ist wenn sie gesagt wird.
Diese guten Männer sind vom selben Fleisch und Blut wie der Täufer. Wie er
kennen sie die Bangigkeit vor dem eigenen Schicksal und haben eine noch
schmerzhaftere Angst vor der Schäden und Leiden, die die unverhehlte
Wahrheit ihrem Volk bringen kann. Aber eines Tages sehen sie ein, daß die
Feigheit ihre Zungen nicht mehr binden darf, daß die Leiden, die durch
Heuchelei, Schweigen und Lüge über das Volk kommen, tausendmal
gefährlicher sind. Auch in unserem Land haben wir einen Herodes, der mit
den fremden Göttern Unzucht treibt. Ich meine jenen Geist der Kompromisse,
der um des Wohlbefindens willen nicht vor unwürdigen Handlungen
zurückschreckt. An diejenigen seiner Landsleute, die ins Gefängnis geraten
sind, weil sie für die Wahrheit eintraten Ihr habt Euch der Sache der
Wahrheit angenommen, während einige das Lügen und andere das Schweigen
vorzogen, und ihr habt dadurch eine Tat vollbracht, aus der eine wahre
Zukunft sprossen kann. Du Grundgütiger Heiliger Geist! Trockne mir die
Tränen von meinen Augen, damit ich den Erlöser erblicke, den Erlöser, klar
genug, daß ich meinem Volke jetzt in seiner Schicksalsstunde von Ihm zu
erzählen vermag. So beten wir dänischen Pastoren im Jahre 1941.Die Kanzel
ist uns eine Stätte solcher Verantwortung geworden, dass wir unter unserem
Talar schlotten, wenn wir ihre Stufen betreten.
Denn hier, in Gottes Haus, ist das Wort frei; aber nicht frei in dem
Sinne, dass wir gebieten, sondern in dem Sinne, daß das Wort über uns
gebietet. Hier drinnen gilt nur des Heiligen Geistes Zensur, und das ist
die Zensur, die uns nicht zwingt, zu schweigen, sondern zu reden! Welche
Angst erfüllt uns, dass wir nicht ihre gehorsamen Diener sein
können!......
Die Kirche ist und bleibt der Ort, wo das Unrecht in den Bann getan, wo
die Lüge entlarvt, die giftige Bosheit angeprangert werden muss- der Ort,
wo Barmherzigkeit geübt werden soll als der Quell des Lebens, als der
Herzschlag der Menschheit. Und wo man etwas anderes lehrt als diesen
Glauben, da lehrt man Dschungel und Tod.
Literatur:
Du hast mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider
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