HANS OSTER
1887 - 1945
General
Als Pfarrersohn in
Dresden 1887 geboren. Aktives Mitglied des Widerstandes in der Abwehr.
Am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg von der Gestapo ermordet.
Aus letzten Briefen
8. August 1944
Untersuchungshaft Dresden
... Das unbeirrbare Festhalten - Können an der Wahrheit gibt mir Kraft,
Zuversicht und ein festes Herz. In stiller Demut neigen wir uns vor der
Allmacht und dem Walten unseres Herrgottes.
Sein Wille möge geschehen!
11. August 1944
... Du weißt, daß ich die stille Einsamkeit immer geliebt und gesucht
habe, in der man zu sich selbst kommt, sich mit dem Herrgott unterhält und
sich überprüft. Diese unfreiwillige Einsamkeit aber, die die Gefahr einer
vielleicht eingebildeten Verlassenheit in sich trägt, ist eine Prüfung,
die nur in demütiger Geduld ertragen werden kann und muß.
Man hat zuviel Zeit zum Nachdenken über Erlebtes, Vergangenes und
Zukünftiges und muß sich hüten, sich dabei nicht in das Zergrübeln zu
verlieren. Deshalb ersehne ich, wie Du verstehen wirst, eine abschließende
Klärung, der ich weiterhin in gelassener Ruhe mit Zuversicht und
Gottvertrauen entgegensehe.
Prinz-Albrecht-Straße Berlin
Weihnachten 44
... Unsere Gedanken haben sich wohl insbesonders bei unserem geliebten
Harald getroffen, der in seinem Schicksal über uns durch seine Haltung
hinausgewachsen ist und uns immer in seiner überlegenen Sicherheit des
Glaubens ein leuchtendes Beispiel bleiben wird.
19. Januar 1945
... Die Tage um Stalingrad jähren sich zum zweiten Male, ohne daß wir
irgendeine Gewißheit um das Schicksal unseres geliebten Harald hätten. Der
Junge hat mir heute vor zwei Jahren, am 19. 1. 43, einen Abschiedsbrief
geschrieben unter Beifügung seiner kleinen goldgeschnittenen
Konfirmationsbibel, seiner Photographie und seines EK I, den Du wohl
unterdessen unter meinen Andenken in Schnaditz gefunden haben wirst. Der
kurze Brief hat mich durch seine saubere und überlegene Haltung stark
beeindruckt; aus begreiflichen Gründen habe ich Dir den Brief bis jetzt
vorenthalten. Indessen ein solcher Brief kann uns nur stark und fest
machen im Glauben; wir sollen, dürfen und können stolz und dankbar sein,
einen solchen Jungen unser eigen zu nennen.
Du kennst mich genug und weißt daher, daß ich dazu neige, die Dinge im
Leben sehr ernst zu nehmen und mit dem Ungünstigsten zu rechnen, um
eintretende Enttäuschungen und Rumpler um so fester ertragen und aussitzen
zu können. Auch mag mein herrlicher Beruf und das Leben mich dazu erzogen
haben. Ich habe mich daher in den Gedanken hineingelebt, daß der Junge, so
wie er war, einen anständigen Soldatentod gestorben ist. Sollte dies ein
Irrtum sein und wir den Jungen in leiblicher Gestalt wiedersehen, so hat
der Herrgott ihn uns in Seiner Gnade von neuem geschenkt.
Literatur: Du hast
mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider