Christoph Probst
1919 - 1943
Studenten Probst und Schmorell waren führend in der Widerstandsbewegung
der Münchener Studenten. Sie handelten und starben als Zeugen des
Gewissens zu einer Zeit, da das Gewissen in Deutschland unter Strafe
stand. Ihre Tat war ein kurz aufleuchtendes Fanal in der dunkelsten Zeit
der deutschen Geschichte. Christoph Probst, geboren am 6. November 1919
in Murnau/Oberbayern; hingerichtet am 22. Februar 1943 in
München-Stadelheim. Diese Briefe hat Probst am Tag der Verhandlung vor
dem Volksgerichtshof geschrieben; am Nachmittag des gleichen Tages wurde
er enthauptet. Mutter und Schwester durften die an sie gerichteten
Abschiedsbriefe in Gegenwart eines Gestapobeamten lesen, aber sie wurden
ihnen nicht ausgehändigt. Hier einige bald danach aus der Erinnerung
aufgezeichnete Sätze:
München, am 22. Februar 1943
Meine liebste Herzensschwester !
Samstag, als ich meinen Urlaubsschein für Tegernsee holen wollte, wurde
ich festgenommen und nach München gebracht. Nun sitze ich zum ersten Mal
in meinem Leben in einer Zelle und weiß nicht, was der nächste Tag
bringt.
Es ist aber nicht so schlimm in Haft zu sein, als ich dachte, und ich
bin sehr froh, daß ich die Ruhe nicht verloren habe; bin sogar oft in
guter Stimmung. Liebe, beunruhige Dich nicht, mach Dir keine Sorgen um
mich.
Wenn die Tage auch schwer sind, so waren sie ja vorher auch nicht
leichter. Wie schwer mir die Trennung von Frau und Kindern ist, weißt
Du.
Aber mein Vertrauen und meine Hoffnung sind stark und helfen mir. Ich
habe das Gefühl, als ob ich Euch besonders nah wäre, all meinen Lieben,
und weiß, daß die Liebesbande unzerstörbar sind. Ich weiß, daß mir nun
nichts bleibt als auf mich zu nehmen und zu tragen, was kommt. Glaube
aber nicht, daß ich es nicht tragen könnte oder daß mir die Angst den
Schlaf raubt. Die Kräfte wachsen mit der Belastung.
Daß ich aber Euch Sorgen machen muß, ist mir fast unerträglich. Darum
bitte ich Dich von Herzen, laß Dich nicht beunruhigen. Auch hier sind
nette Menschen, und die Behandlung durch die Geheime Staatspolizei ist
nicht schlecht. ...
Schwesterlein, Du liebe Hälfte meines Lebens und meines Wesens! Laß Dich
nicht bedrücken, es lohnt sich nicht, sei nicht traurig oder
verzweifelt. Man macht sein Schicksal nicht selbst und kann nichts tun
als es tragen.
Ich sehe Deine warmen braunen Augen (die nicht tränenfeucht sein
sollen), Dein schönes Gesicht, aus dem mir immer soviel Liebe
entgegenstrahlt, höre Deine Stimme, die mir soviel Liebes sagt.
Und wenn Dein ganzes Bild vor mir steht, empfinde ich viel mehr, als ich
sagen kann, dann läuft mir das Herz über. Ich bin Dein, Du bist mein!
Dein Christel
An die Mutter
Ich danke Dir, daß Du mir das Leben gegeben hast. Wenn ich es recht
bedenke, so war es ein einziger Weg zu Gott. Seid nicht traurig, daß ich
das letzte Stück nun überspringe.
Bald bin ich noch viel näher bei Euch als sonst.
Ich werde Euch dereinst einen herrlichen Empfang bereiten.
An die Schwester
Ich habe nicht gewußt, daß Sterben so leicht ist. . ..
Ich sterbe ganz ohne Haßgefühle. . . Vergiß nie, daß das Leben nichts
ist als ein Wachsen in der Liebe und ein Vorbereiten auf die Ewigkeit.
Literatur: Du hast mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider