ANTON SAEFKOW
1903 - 1944
Der am 22. Juli 1903 zu Berlin geborene Maschinenbauer wurde wegen
seiner Tätigkeit im Dienste der Kommunistischen Partei gleich nach der
Machtergreifung von 1933 zu einer Zuchthausstrafe verurteilt
und in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert.
Kurz vor Kriegsausbruch wieder auf freien Fuß gesetzt, schloß er sich
der Widerstandsbewegung gegen das Hitler-Regime an. Nach dem mißglückten
Attentat vom 20. Juli wurde er vor einen Volksgerichtshof gestellt, zum
Tode verurteilt und am 18. September 1944 in Brandenburg hingerichtet.
Zuchthaus Brandenburg, den 9. September 1944
Du meine Anne!
Es gibt Höhepunkte im politischen und persönlichen Leben.
Der Krieg hat mit seiner Konzentration aller Kräfte seinen Höhepunkt und
in Kürze seine Entscheidung erreicht. Mit der Entscheidung steigert sich
die Zahl der Opfer, die wir, die Freund und Feind bringen müssen.
Wenn ich nun auch sterben muß, so habe ich das große und vielleicht
schmerzende Glück, Dir vor meinem Tode noch schreiben zu können.
Wir beide, mit unserer großen Liebe, sollen und müssen uns für immer
trennen.
Schon mit diesem Brief will ich Dir, mein Kamerad, danken für das Große
und Schöne, das Du mir in unserem gemeinsamen Leben gegeben hast.
Am 5. September bin ich vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Erst
heute, mit diesen Zeilen, habe ich wegen der Gedanken an Euch die ersten
nassen Augen nach dem Urteil.
Denn das Weh, das mich zerreißen konnte, hält der Verstand zurück.
Du weißt, ich bin ein kämpferischer Mensch und werde tapfer sterben.
Ich wollte immer nur das Gute.
Der Höhepunkt unseres persönlichen Lebens ist unser Kennenlernen vor
dreieinhalb Jahren und unser reifes Genießen unsere schöne Zeit.
Nur die Dichtkunst kennt wolkenloses Glück und ewige Jugend. Unsere
Wolken waren kriegsbedingt, waren Wolken der Sorge, Freud und Leid, so
wie es war, ist die Einheit unserer kurzen, großen, reifen Liebe. Nur
ich weiß, daß unsere Bärbel ein bewußtes Kind dieser großen, mächtigen
Liebe ist.
Gerade weil ich Dich kenne, ist mir nicht bange um Ernährung und
Erziehung unserer Tochter.
Mutti! Fühle Dich umarmt und fühle Dich geküßt wie in den schönsten
Tagen.
Grüße alle Menschen, die mich schätzen und lieben. Lebet wohl! Immer bin
ich, bis zu Deiner letzten Stunde,
Dein Anton
Literatur: Du hast mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider