PETER GRAF YORCK VON WARTENBURG
1904 -1944
..Laß Dein Leben in der Fülle bleiben; es ist so unendlich beglückend,
Liebe zu empfangen und zu geben."
Oberregierungsrat.
Am 13. November 1904 in Klein- Oels / Schlesien. Hingerichtet am 8.
August 1944 in Berlin - Plötzensee.
Aus dem Abschiedsbrief an die Mutter
Am Ende eines an Liebe und Freundschaft überreich gesegneten Lebens habe
ich nur Dank gegen Gott und Demut unter Seinem Willen. Daß ich Dir
diesen Kummer bereite, ist mir ein sehr großer Schmerz nach alledem, was
Du an Traurigem erleben mußtest. Ich bitte Dich, mir das von ganzem
Herzen zu vergeben. Ich habe über zwei Wochen Zeit gehabt, mich und mein
Handeln vor Gott zu stellen und bin überzeugt, in ihm einen gnädigen
Richter zu finden.
Das Ausmaß an innerer Not, das Menschen wie ich in den letzten Jahren zu
durchleben hatten ist gewiß nicht von denen zu verstehen, die ganz von
ihrem Glauben beseelt sind, den ich nun einmal nicht teile.
Dich darf ich versichern, daß kein ehrgeiziger Gedanke, keine Lust nach
Macht mein Handeln bestimmte.
Es waren lediglich, meine vaterländischen Gefühle, die Sorge um mein
Deutschland, wie es in den letzten zwei Jahrtausenden gewachsen ist, das
Bemühen um seine innere und äußere Entwicklung, die mein Handeln
bestimmten.
Deshalb stehe ich auch aufrecht vor meinen Vorfahren, dem Vater und den
Brüdern. Vielleicht kommt doch einmal die Zeit, wo man eine andere
Würdigung für unsere Haltung findet, wo man nicht als Lump, sondern als
Mahnender und Patriot gewertet wird. Daß die wunderbare Berufung ein
Anlaß sein möge, Gott die Ehre zu geben, ist mein heißes Gebet.
An seine Frau
... Wir stehen wohl am Ende unseres schönen, reichen, gemeinsamen
Lebens.
Denn morgen will der Volksgerichthof über mich und die anderen zu
Gericht sitzen. Ich höre, das Heer hat uns ausgestoßen; das Kleid kann
man uns nehmen, aber nicht den Geist, in dem wir handelten. Und in ihm
fühle ich mich den Vätern und Brüdern und auch den Kameraden verbunden.
Daß Gott es so geführt hat, wie es gekommen ist, gehört zu der
Unerforschlichkeit Seiner Ratschlüsse, die ich demutsvoll annehme. Ich
glaubte mich durch das Gefühl der alle niederbeugenden Schuld getrieben
und reinen Herzens. Ich hoffe deshalb auch zuversichtlich, in Gott einen
gnädigen Richter zu finden. ... Als wir vom letzten Abendmahl
hinweggingen, da fühlte ich eine fast unheimliche Erhabenheit, ich
möchte es eigentlich Christusnähe nennen. Rückblickend scheint sie mir
als ein Ruf.
... Mein Tod, er wird hoffentlich angenommen als Sühne aller meiner
Sünden und als Sühneopfer für das, was wir alle gemeinschaftlich tragen.
Die Gottesferne unserer Zeit möge auch zu einem Quantchen durch ihn
verringert werden. Auch für meinen Teil sterbe ich den Tod fürs
Vaterland. Wenn der Anschein auch sehr ruhmlos, ja schmachvoll ist, —
ich gehe aufrecht und ungebeugt diesen letzten Gang, und ich hoffe nur,
daß Du darin nicht Hochmut und Verblendung siehst. — Des Lebens Fackel
wollten wir entzünden, ein Flammenmeer umgibt uns, welch ein Feuer!
Literatur: Du hast mich heimgesucht bei Nacht
Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 -1945
Herausgegeben von Helmut Golwitzer, Käthe Kuhn, Reinhold Schneider