Baudelaire Charles
1821 - 1867
Im April 1864 geht
Baudelaire nach Brüssel - Parismüde, erschöpft von Opium und
Haschischgenuß. -
Finanzen und Gesundheit sind gleichermaßen zerrüttet. Er erlebt die
Enttäuschung: auch Brüssel versagt sich ihm. Er hat weder reale noch
ideale Erfolge. " Dieses Volk" , sagt er von den Belgiern, " ist zu dumm,
um sich um Gedanken zu schlagen - .... was ist das für ein albernes,
schwerfälliges Volk" - " Er will ein Buch über Belgien schreiben. Geht in
die Provinz, um Notizen zu sammeln. Und bricht vor einer Kirche in Namur
zusammen! - Noch über ein Jahr atmet er: gelähmt - ein Halb - Lebende.
Seine Mutter holt ihn nach Paris. Dort stirbt er. - Zwei Manets an der
Wand - Poe auf dem Tisch an seinem Bett und manchmal ein paar Takte von
Wagner, von einer Freundin gespielt - das sind die Lichtpunkte im Dunkel
dieses Künstler - Endes.
Freitag, 30. März 1866
An Herrn Ancelle
Mein Lb. Freund! ich danke Ihnen aufrichtig für Ihren so herzlichen Brief,
dessen vortreffliche Gefühle ich ganz zu würdigen weiß. Aber einesteils
sehe ich mit Schmerz, daß Sie sich etwas zu sehr beeilen, und
andererseits, daß alles das hauptsächlich meiner Mutter zuliebe geschieht.
1. Ich kann mich nicht rühren.
2. Ich habe Schulden.
3. Ich muß, um meine Arbeit fertig machen zu können, fünf oder sechs
Städte aufsuchen.
Wir werden uns über eine Menge Punkte ganz vortrefflich brieflich
verständigen. Vergessen Sie nicht, an die Hoteliersfrau zu denken.
Ohne die Angelegenheit mit Dentu wieder aufzunehmen, sollten Sie doch
erfahren trachten, wie er gesonnen ist. Lassen Sie ihm nur dann den
Entwurf, wenn ihm daran liegt, das Geschäft zu machen. Sagen Sie ihm, wenn
Sie wollen, daß ich leidend bin, aber sagen Sie ihm nicht die Wahrheit
über meinen Zustand.
Schreiben Sie mir einigen Worte, und empfehlen Sie mich Ihrer Frau. Meine
Mutter wollte diesem erbärmlichen Tier 1000 Franken anbieten, gehorchen
Sie ihr.
Verzeihen Sie mir meine abgerissen Schreibweise, ich borge die Feder von
einem andern.
Ganz der Ihre