BRIEFE BERÜHMTER MENSCHEN

 

 

Der letzte Brief

BRIEFE BERÜHMTER MENSCHEN

 

Der letzte Brief: der königliche aller Briefe.
 Sein Aroma ist köstlich. Was sonst in armseliger
 Verteilung aus Briefen blüht:
Genialität des  Denkens,
Glaubens Liebens
– im letzten Brief
wird er zu einer  Synthese.
Sein  Pathos ist unerhört  - aber sein Ethos
wächst darüber hinaus. Beide – Pathos und Ethos –
werden aufgenommen in die hohe Stimme
einer nie zu  entwirrenden Mystik.  Es ist das Schicksal
der letzten Takte der neunten Symphonie,
die eingehen in die Seligkeit eines metaphysischen Soprans. ....

 
Ilse  Linden
  Der letzte Brief Eine Sammlung letzter Briefe
Herausgegeben von Ilse Linden /Erschienen bei Oesterheld & Co Verlag
Berlin 1919
 
 

 




THEODOR KÖRNER

1791 - 1813
 



Der Sohn des Freundes Schillers hatte im Vaterhause eine edle Jugendzeit verlebt, hatte dann Naturwissenschaften studiert, bereits seine ersten Gedichte veröffentlicht sowie seine ersten Lustspiele vom Burgtheater in Wien aufgeführt gesehen, war sogar bereits als Theaterdichter am Burgtheater angestellt und hatte sich verlobt,, kurz das Leben lag wie ein Blumenbestreuter Pfad vor ihm: Da berief ihn sein Geschick ab. Der Aufruf des Königs von Preußen zum Befreiungskrieg erscholl, und der Dreiundzwanzigjährige eilte zu den Waffen und in den Tod. Berühmt ist sein Abschiedsbrief an den Vater beim Eintritt in das Lützowsche freiwillige Jägerkorps.
 

 


ERSTER BRIEF



Wien, 10. März 1813.

Liebster Vater! Ich schreibe dir diesmal in einer Angelegenheit, die, wie ich das feste Vertrauen zu Dir habe, Dich weder befremden noch erschrecken wird. Neulich schon gab ich Dir einen Wink über mein Vorhaben, der jetzt zur Reife gediehen ist. Deutschland steht auf, der preußische Adler erweckt in allen treuen Herzen durch seine kühnen Flügelschläge die große Hoffnung einer deutschen, wenigstens norddeutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande, - laß mich ihr würdiger Jünger sein! – Ja, liebster Vater, ich will Soldat werden, will das hier gewonnene glückliche und sorgenfreie Leben mit Freunden hinwerfen, um, sei’ s auch mit meinem Blute, mir ein Vaterland zu erkämpfen. Nenn’s nicht übermut, Leichtsinn, Wildheit.

Vor zwei Jahren hätte ich es so nennen lassen; jetzt, da ich weiß, welche Seligkeit in diesem Leben reifen kann, jetzt, da alle Sterne meines Glücks in schöner Milde auf mich niederleuchten, jetzt ist es, bei Gott, ein würdiges Gefühl, das mich treibt, jetzt ist es die mächtige Ueberzeugung, daß kein Opfer zu groß sei für das höchste menschliche Gut, für seines Volkes Freiheit.
 Vielleicht sagt Dein bestochenes väterliches Herz: Theodor ist zu größeren Zwecken da, er hätte auf einem anderen Felde Wichtigeres und Bedeutendes leisten können, er ist der Menschheit noch ein großes Pfund zu berechnen schuldig. Aber, Vater, meine Meinung ist die: zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre der Nation ist keiner zu gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu! Hat mit Gott wirklich etwas mehr als gewöhnlichen Geist eingehaucht, der unter Deiner Pflege denken lernte, wo ist der Augenblick, wo ich ihn nicht mehr geltend machen kann!
Eine große Zeit will große Herzen, und ich fühl’ die Kraft in mir, eine Klippe sein zu können in dieser Völkerbrandung, ich muß hinaus und dem Wogensturme die mutige Brust entgegendrücken.
 - Soll ich in feiger Begeisterung meinen siegenden Brüdern meinen Jubel nachleiern? Soll ich Komödien schreiben auf dem Spotttheater, wenn ich den Mut und die Kraft mir zutraue, auf dem Theater des Ernstes mitzusprechen? Ich weiß, Du wirst manche Unruhe erleiden müssen, die Mutter wird weinen! Gott tröste sie! Ich kann’s Euch nicht ersparen. Des Glücks Schoßkind rühmt’ ich mich bis jetzt; es wird mich jetzt nicht verlassen. Daß ich mein Leben wage, das gilt nicht viel; daß aber dies Leben mit allen Blütenkränzen der Liebe, der Freundschaft, der Freude geschmückt ist, und daß ich jetzt es doch wage, daß ich die süße Empfindung hinwerfe, die nur in der Ueberzeugung lebte, Euch keine Unruhe, keine Angst zu bereiten, das ist ein Opfer, dem nur ein solcher Preis entgegengestellt werden darf. Sonnabend oder Montag reise ich von hier ab, wahrscheinlich in freundlicher Gesellschaft; vielleicht schickt mich auch Humboldt als Kurier. In Breslau, als dem Sammelplatze, treffe ich zu den freien Söhnen Preußens, die in schöner Begeisterung sich zu den Fahnen des Königs gesammelt haben.
Ob zu Fuß oder zu Pferd, darüber bin ich noch nicht entschieden; das kommt einzig auf die Summe des Geldes an, die ich zu zusammenbringe.
Toni hat mir auch bei dieser Gelegenheit ihre große, edle Seele bewiesen. Sie weint wohl, aber der geendigte Feldzug wird ihre Tränen schon trocknen. – Die Mutter soll mit ihrem Schmerz vergeben; wer mich liebt, soll mich nicht verkennen, und Du wirst mich Deiner würdig finden.

Dein Theodor

 

Literatur; ugendbriefe berühmter Männer / Ausgewählt und eingeleitet von Dr. Joh. Rohr / Verlag " Die Buchgemeinde" 1924


LETZTER BRIEF

Begeistert hatte sich der junge Dichter gegen den Willen seines Vaters zu Lützows Freikorps gemeldet, um die Franzosen zu vertreiben: »So Gott will, wollen wir als deutsches Volk das edle Hamburg befreien mit unserem Blut ...« Er ließ seine Wiener Verlobte und einen Vertrag als Dichter des Burgtheaters hinter sich. Sein Ziel erreichte er nicht; drei Tage nach seinem letzten Brief an seinen Verleger traf ihn eine tödliche Kugel. Seine Kriegslieder, entstanden aus dem unmittelbaren Erleben der Kämpfe (»Lützows wilde Jagd«), gehörten im 19. Jahrhundert zum patriotischen Bildungsgut.

Theodor Körner ist verlobt mit einer reizvollen Schauspielerin( Antonie Adamberger9; hat einen Vertrag am Burgtheater - als Hoftheater -Dichter.

Da kommt der Ruf des Vaterlandes. Er, der so vie zu verlieren hat, zögert keinen Augenblick. In hingerissener Stimmung schreibt er jenes berühmte Dokument an seinen Vater, in dem er seinen Entschluß , dem Ruf zu folgen, in hohen Worten kündet. Am Abend des 24. August dichtet der Lützower Leutnant das " Schwertlied". Wenige Stunden später trifft ihn ein Schuß. Er hatte sein 22 Jahr noch nicht vollendet.



Ratzeburg, am 18. August 1813

In aller Eile ein paar Worte von Ihrem Freunde. Ich bin wieder bei Corps, von allen mit der herzlichen Liebe empfangen; so eben marschieren wir, in drey Tagen erwarten wir die Todeshochzeit. Leben Sie wohl mit allem, was mir zugetan ist. So Gott will, wollen wir als deutsche Volk das edle Hamburg befreien mit unserm Blute, das unsre Fürsten mit ihrer Nichtswürdigkeit geopfert haben. Tausend Dank für ihre lieben Briefe, und für die lieben, lieben Andenken an Sie beiden Genies meines Lebens.



An Daniel Friedrich Parthey

Kirch-Jesar, am 23. August (1813).
Liebster Hofrath!

Ich lebe noch; seit dem Siebzehnten schlagen wir alle Tage. Die Truppen haben sich concentrirt; ich erwarte in diesen Tagen einen Hauptschlag. Das Bivouacq hindert mich am längern Schreiben. Tausend Grüße an alle. Meinen Eltern Nachricht, so es möglich; den Brief bitte ich zu besorgen. Gott mit euch und uns!








Literatur; Dies sind nun also die letzten Zeilen/ Die letzten Briefe großer Persönlichkeiten/Kröger Verlag 2007




 

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