MOZART WOLFGANG AMADEUS
1756 - 1791
ERSTER BRIEF
wurde in Salzburg geboren. Er ist
ein Wunderkind. Bereits mit sechs Jahren wird er zusammen mit seinem geliebten
Schwesterchen vom Vater auf Kunstreisen mitgenommen. Als vierzehnjähriger
bereist er mit dem Vater Italien; Fürsten und der Papst feiern sein
musikalisches Genie. Dabei bleibt er der entzückendste, frische Junge, wie die
ersten vier unserer Briefe beweisen, die er aus Italien an die Schwester in
Salzburg schreibt. – Aber der neue Salzburger Erzbischof, in dessen Dienst die
Mozart standen, verweigerte weiteren Urlaub, und man mußte nach Salzburg
zurückkehren. Welche üble Behandlung sich der junge Mozart bei seinem
banausischen Herrn gefallen lassen mußte, ist bekannt. Um so höher schätzte ihn
Kurfürst Maximilian von Bayern; doch eine Anstellung konnte er dem jungen Mozart
nicht verschaffen. Auf einer Kunstreise nach Bayern kommt er auch nach Augsburg,
wo er nach allerhand Schwierigkeiten eine „ Akademie“, d. h. ein Konzert gibt.
Die Herren Patricii machten sich über Mozart Orden vom goldenen Sporn, den er
als vierzehnjähriger Virtuos vom Papste erhalten hatte, lustig.
Aber Mozart weiß es ihnen gut wiederzugeben und schildert alles in seiner
lebhaften, dramatischen Art in dem fünften unserer Briefe, den er als
einundzwanzigjähriger schrieb.
In dieselbe Zeit fällt auch eine kleine Liebelei mit seinem Bäsle. Die beiden
folgenden Briefe, die er im selben Jahre aus Mannheim schreibt, sind an sie
gerichtet. Sie sprudeln vor Uebermut. -
Die dann folgenden zwei Briefe des Fünfzehnjährigen sind an den Vater gerichtet,
und zwar aus Wien, wohin sich der Sohn nach dem geschilderten Bruch mit dem
Salzburger Erzbischof gewandt hat. Hier in Wie gefällt es ihm. Noch in dem
gleichen Jahr teilte er dem Vater mit, daß er zu heiraten gedenke. Zwar gibt es
noch vor der Hochzeit eine kleine Szene mit seiner geliebten Constanze, weil sie
sich von einem Chapeau, d.h. ihrem Tänzer habe sich die Waden messen lassen. Nun
war das Wademessen ein beliebtes Gesellschaftsspiel, aber man muß sich
überlegen, in welcher Gesellschaft man es macht, und manches hat ein Bräutigam
eben nicht gerne.
Aber die Wolke zieht vorüber, Wolfgang und Constanze wurden ein paar, und es
scheint ihm im Ehestand ganz gut gefallen zu haben – man lese folgendes
Verschen, das er zwei Jahre später seiner geliebten Schwester zu ihrer Hochzeit
dichtete und schickte:
Du wirst in Ehstand viel erfahren,
was Dir ein halbes Rätsel war;
bald wirst Du aus Erfahrung wissen,
wie Eva einst hat handeln müssen,
da ß sie hernach den Kain gebar.
Doch Schwester, diese Ehstandspflichten
wirst Du von Herzen gern verrichten,
denn glaube mir, sie sind nicht schwer.
Doch jede Sache hat zwo Seiten:
der Ehstand bringt zwar viele Freuden,
allein auch Kummer bringt er;
Drum wenn Dein Mann Dir finstre Mienen,
die Du nicht glaubest zu verdienen,
in seiner übeln Laune macht:
so denke, das ist Männergrille,
und sag: Herr, es geschieht Dein Wille
bei Tag und meiner bei der Nacht.
(An die Schwester)
Mailand, 10. Februar 1770.
Wenn man die Sau nennt, so kömmt sie gerennt. Ich bin wohl auf, Gott Lob und
dank, und kann kaum die Stunde erwarten, eine Antwort zu sehen. Ich küsse der
Mama die Hand, und meiner Schwester schicke ich ein Blattern. - - Busserl, und
bleibe der nämliche - -aber wer? - -der nämliche Hanswurst. Wolfgang in
Deutschland, Amadeo in Italien de Mozartini.
II
(An die Schwester)
17. Februar 1770.
Da bin ich auch, da habt’s mich: Du Mariandel, mich freut es recht, daß Du so
erschrecklich – lustig gewesen bist. Dem Kindsmensch, der Urserl, sage, daß ich
immer meine, ich hätte ihr alle Lieder wieder zurückgestellt; aber allenfalls,
ich hätte sie in den wichtigsten und hohen Gedanken nach Italien mit mir
geschoben, so werde ich nicht ermangeln, wenn ich es finde, es in den Brief
hinein zu prägen. Addio, Kinder, lebt’s wohl, der Mama küsse ich tausendmal die
Hände, und Dir schicke ich hundert Busserin oder Schmazerin auf Dein wunderbares
Pferdegesicht.
Per fare il fine, bin ich Dein etc.
III
(An die Schwester)
Rom, 14. April 1770.
Ich bin Gott Lob und Dank! Nebst meiner miserablen Feder gesund und küsse die
Mama und die Nannerl tausend oder 1000 Mal. Ich wünsche nur, daß meine Schwester
zu Rom wäre denn ich würde diese Stadt gewiß wohl gefallen, indem die
Peterskirche regulär, und viele andere Sachen zu Rom regulär sind. Die schönsten
Blumen tragen sie jetzt vorbei; den Augenblick sagt es mir der Papa. Ich bin ein
narr, das ist bekannt. Oh, habe eine Not. In unserem Quartier ist nur ein Bett.
Das kann die Mama sich leicht einbilden, daß ich bei dem Papa keine Ruhe habe.
Ich freue mich auf das neue Quartier. Jetzt habe ich just den heiligen Petrus
mit dem Schlüsselamt, den heiligen Paulus mit dem Schwert und den heiligen Lukas
mit meiner Schwester etc. etc. abgezeichnet. Ich habe die Ehre gehabt, des
heiligen Petrus Fuß zu S. Petro zu küssen, und weil ich das Unglück habe, so
klein zu sein, so hat man mich als den nämlichen alte hinaufgehoben.
Wolfgang Mozart.
LETZTER BRIEF
Der letzte Brief des Fünfunddreißigjährigen, geschrieben an seine Frau Constanze
drei Wochen vor dem plötzlichen Ende, lässt keinerlei Rückschlüsse auf die
Umstände seines Todes zu. Viel wurde darüber spekuliert, ob Mozart ermordet
wurde, vielleicht von den Freimaurern, vielleicht von seinem Kollegen Salieri.
Und gab es einen Zusammenhang zwischen seinem Tod und dem unbekannten
Auftraggeber des Requiem? Solche haltlosen Vermutungen haben den Tod des jungen
Genies mit einer Aura des Mysteriösen umgeben, die seinem Leben gänzlich fehlte.
An seine Frau
Baden bei Wien den 14. Oktober 1791
Liebstes bestes Weibchen
Gestern Donnerstag den 13ten ist Hofer mit mir hinaus zum Carl, wir speisten
daraus, dann fuhren wir herein, um 6 Uhr hohlte ich Salieri und den Cavalieri
mit den Wagen ab, und führte sie in die Loge - dann gieng ich geschwind die Mama
und den Carl abzuhohlen, welche unterdessen bey Hofer gelassen habe.
Du kannst nicht glauben, wie artig beide waren, - wie sehr ihnen nicht nur meine
Musick, sondern das Buch und alles zusammen gefiel.
- Sie sagten beide ein Opera, - würdig bey der größten Festivität vor dem
größten Monarchen aufzuführen, - und Sie würden sie gewis sehr oft sehen, den
sie haben noch kein schöneres und angenehmeres Spectacel gesehen.
- Er hörte und sah mit aller Aufmerksamkeit und von der Sinfonie bis zum letzten
Chor, war kein Stück, welches ihm nicht ein bravo oder bello entlockte, und sie
konnten fast nicht fertig werden, sich über diese Gefälligkeit bei mir zu
bedanken. Sie waren allzeit gesinnt gestern in die Oper zu gehen. Sie hatten
aber um 4 Uhr schon hinein sitzen müssen - da sahen und hörten Sie aber mit
Ruhe.
- Nach dem Theater ließ ich sie nach Hause führen, und ich supirte mit Carl bei
Hofer. - Dan fuhr ich mit ihm nach Hause, allwo wir beyde herrlich schliefen.
Dem Carl hab ich keine geringe Freude gemacht, daß ich ihm in die Oper abgeholt
habe.
- Er sieht herrlich aber daß übrige ist leider Elend! - einen guten Bauern
mögen sie wohl der Welt erziehen! - aber genug, ich habe weil Montag erst die
großen Studien (daß Gott erbarm) den Carl bis Sonntag nach Tisch ausgebeten; ich
habe gesagt, daß du ihm gerne sehen möchtest - Morgen Sonntag komme ich mit ihm
hinaus zu dier - dan kannst du ihn behalten, oder ich führe ihn Sonntag nach
Tisch wieder zu Hecker; - überlege es, wegen einen Monath, kann er eben nicht
verdorben werden, denke ich! - unterdessen kann die Geschichte wegen den
Piaristen zu Stande kommen, woran wirklich gearbeitet wird. - übrigens ist er
zwar nicht schlechter, aber auch um kein Haar besser als er immer war. er hat
die nähmlichen Unform, plaget gerne wie sonst, und lernt fast noch weniger gern,
weil er daraus nichts als vormittags 5 und nach Tisch 5 Stunden im Garten
herumgeht, wie er mir selbst gestanden hat, mit einem Wort die Kinder thuen
nichts, als Essen, trinken, schlafen und spazieren gehen, eben ist Leitgeb und
Hofer bei mir; - ersterer bleibt bey mir beym Essen, ich habe meinen treuen
Kameraden Primus eben um ein Essen ins Bürgerspital geschickt; - mit dem Kerl
bin ich recht zufrieden ein einziges Mahl hat er mich angesetzt, daß ich
gezwungen war bey Hofer zu schlafen, welches mich sehr seckirte, weil sie mir zu
lange schlafen, ich bin am liebsten zu Hause, weil ich meine Ordnung schon
gewohnt bin dieß einzige Mahl hat mich ordentlich übeler Humor angeregt.
Gestern ist mir der Reise nach Bernstorf der ganze Tag daraufgegangen, darum
konnte ich dir nicht schreiben - aber daß du mir 2 Tage nicht geschrieben, ist
unverzeihlich, heute hoffe aber gewiß Nachricht von dir zu erhalten, und Morgen
selbst mit dir zu sprechen, und dich von Herzen zu küssen.
Lebe wohl Ewig dein
Mozart
d. 14.8 br.1791.
Die Sophie küsse ich tausendmahl, mit N. N. mache was
du willst, adieu.
Literatur; Dies sind nun also die letzten Zeilen Werner Fuld Krüger Verlag Erschienen
im Krüger Verlag, einem Unternehmen des S. Fischer Verlag GmbH 2007
2.Jugendbriefe
berühmter Männer / Ausgewählt und eingeleitet von Dr. Joh. Rohr / Verlag "
Die Buchgemeinde" 1924