PHILIPP OTTO RUNGE
1777- 1810
Seine wenigen Gemälde
wirken noch heute befremdlich, teils durch ihren herben Realismus, teils
durch ihre mystische Überhöhung der Themen. Von den geplanten »Vier Zeiten
« ist nur »Der Morgen« vollendet und dennoch Fragment. In der
programmatischen bildnerischen Umsetzung seiner ästhetischen Theorien ist
Runge gescheitert; zu groß war der Einfluss Tiecks, der ihn mit den
naturmystischen Schriften Jakob Böhmes bekannt gemacht hatte, zu
übermächtig auch das Vorbild Caspar David Friedrichs. Seit März lebte er
mit der Schwindsucht und der Todesdrohung, besuchte noch Freunde, bis er
im Oktober in Hamburg bettlägerig wurde. Am Tag nach seinem Tod wurde sein
Sohn geboren, zwei Tage später wurde Runge zu Grabe getragen.
An Görres
Weimar, den 16. November 1810
Ihre gütige Teilnahme an meiner Krankheit hat mich gerührt und erfreut,
und ich zweifle nicht, daß Sie mir hätten nützlich sein können; ich glaube
aber mit Ihnen, daß die Krankheit zu individuell ist und gewesen ist, um
ohne nähere Bekanntschaft beurteilt werden zu können. Das Nachgebliebene
von dem heftigen Paroxysmus, in welchem sich im Frühling die Natur selbst
half, kam erst zum Vorschein, nachdem ich schon sehr viel in der Erholung
fortgeschritten war, und so habe ich mich den ganzen Sommer über, der hier
sehr schlecht ist, für einen Kranken war, durchgequält mit einem fatalen
Husten und schleichendem Fieber, welches nach und nach immer mehr nervös
wurde, ein Zustand, den ich nur von Hörensagen gekannt hatte. Zugleich bin
ich mit immerwährenden Obstruktionen geplagt. All dieses hat sich nun seit
etwa vierzehn Tagen in ein ziemlich reguläres Wechselfieber aufgelöst und
ich hoffe das Beste davon. - Sie werden es meiner Schreiberei ansehen, wie
unsicher ich noch bin; indes ist es nur noch von dem Fieber, und der
immerwährende zitternde Zustand hat doch aufgehört. Sie sehen hieraus, daß
es mit meiner Krankheit langweiliger ist, wie Sie geglaubt, und Ihr
gütiges Anerbieten, zu Ihnen
Der Brief bricht im Satz ab und wurde dem Adressaten Görres erst nach
Runges Tod zugesandt.
Literatur; Dies sind
nun also die letzten Zeilen Werner Fuld Krüger Verlag Erschienen im Krüger
Verlag, einem Unternehmen des S. Fischer Verlag GmbH 2007