BRIEFE BERÜHMTER MENSCHEN

 

 

Der letzte Brief

BRIEFE BERÜHMTER MENSCHEN

 

Der letzte Brief: der königliche aller Briefe.
 Sein Aroma ist köstlich. Was sonst in armseliger
 Verteilung aus Briefen blüht:
Genialität des  Denkens,
Glaubens Liebens
– im letzten Brief
wird er zu einer  Synthese.
Sein  Pathos ist unerhört  - aber sein Ethos
wächst darüber hinaus. Beide – Pathos und Ethos –
werden aufgenommen in die hohe Stimme
einer nie zu  entwirrenden Mystik.  Es ist das Schicksal
der letzten Takte der neunten Symphonie,
die eingehen in die Seligkeit eines metaphysischen Soprans. ....

 
Ilse  Linden
  Der letzte Brief Eine Sammlung letzter Briefe
Herausgegeben von Ilse Linden /Erschienen bei Oesterheld & Co Verlag
Berlin 1919
 
 

 





PHILIPP OTTO RUNGE


1777- 1810


 



Seine wenigen Gemälde wirken noch heute befremdlich, teils durch ihren herben Realismus, teils durch ihre mystische Überhöhung der Themen. Von den geplanten »Vier Zeiten « ist nur »Der Morgen« vollendet und dennoch Fragment. In der programmatischen bildnerischen Umsetzung seiner ästhetischen Theorien ist Runge gescheitert; zu groß war der Einfluss Tiecks, der ihn mit den naturmystischen Schriften Jakob Böhmes bekannt gemacht hatte, zu übermächtig auch das Vorbild Caspar David Friedrichs. Seit März lebte er mit der Schwindsucht und der Todesdrohung, besuchte noch Freunde, bis er im Oktober in Hamburg bettlägerig wurde. Am Tag nach seinem Tod wurde sein Sohn geboren, zwei Tage später wurde Runge zu Grabe getragen.
 


An Görres

Weimar, den 16. November 1810

Ihre gütige Teilnahme an meiner Krankheit hat mich gerührt und erfreut, und ich zweifle nicht, daß Sie mir hätten nützlich sein können; ich glaube aber mit Ihnen, daß die Krankheit zu individuell ist und gewesen ist, um ohne nähere Bekanntschaft beurteilt werden zu können. Das Nachgebliebene von dem heftigen Paroxysmus, in welchem sich im Frühling die Natur selbst half, kam erst zum Vorschein, nachdem ich schon sehr viel in der Erholung fortgeschritten war, und so habe ich mich den ganzen Sommer über, der hier sehr schlecht ist, für einen Kranken war, durchgequält mit einem fatalen Husten und schleichendem Fieber, welches nach und nach immer mehr nervös wurde, ein Zustand, den ich nur von Hörensagen gekannt hatte. Zugleich bin ich mit immerwährenden Obstruktionen geplagt. All dieses hat sich nun seit etwa vierzehn Tagen in ein ziemlich reguläres Wechselfieber aufgelöst und ich hoffe das Beste davon. - Sie werden es meiner Schreiberei ansehen, wie unsicher ich noch bin; indes ist es nur noch von dem Fieber, und der immerwährende zitternde Zustand hat doch aufgehört. Sie sehen hieraus, daß es mit meiner Krankheit langweiliger ist, wie Sie geglaubt, und Ihr gütiges Anerbieten, zu Ihnen

Der Brief bricht im Satz ab und wurde dem Adressaten Görres erst nach Runges Tod zugesandt.





Literatur; Dies sind nun also die letzten Zeilen Werner Fuld Krüger Verlag Erschienen im Krüger Verlag, einem Unternehmen des S. Fischer Verlag GmbH 2007


 

 

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