BRIEFE BERÜHMTER MENSCHEN

 

 

Der letzte Brief

BRIEFE BERÜHMTER MENSCHEN

 

Der letzte Brief: der königliche aller Briefe.
 Sein Aroma ist köstlich. Was sonst in armseliger
 Verteilung aus Briefen blüht:
Genialität des  Denkens,
Glaubens Liebens
– im letzten Brief
wird er zu einer  Synthese.
Sein  Pathos ist unerhört  - aber sein Ethos
wächst darüber hinaus. Beide – Pathos und Ethos –
werden aufgenommen in die hohe Stimme
einer nie zu  entwirrenden Mystik.  Es ist das Schicksal
der letzten Takte der neunten Symphonie,
die eingehen in die Seligkeit eines metaphysischen Soprans. ....

 
Ilse  Linden
  Der letzte Brief Eine Sammlung letzter Briefe
Herausgegeben von Ilse Linden /Erschienen bei Oesterheld & Co Verlag
Berlin 1919
 
 

 




Schiller Friedrich

1759 - 1805



 


Es war der Geist, der sein Körper schafft, heißt es in " Wallensteins Tod" Es war ein Wunder, dass Schiller seine Krankheiten so lange überleben konnte. Die Obduktion ergab ein katastrophales Bild; das Herz " ohne Muskelnsubstanz, die Leber brandig, die Galle auf das doppelte vergrößert, beide Nieren aufgelöst, die Lungenflügel " brandig"...." Noch am 1. Mai ging Schiller noch einmal ins Theater und hielt den Schüttelfrost für unbedeutend. Sein Zustand verschlimmerte sich jedoch... Auf die Frage, wie es ihm gehe: " immer besser, immer heiterer". In seinem letzten Brief ahnte, er dass es nicht mehr lange weitergehen wird und er ignorierte es....
 

 


Noch am 1. Mai 1805 schreibt Schiller am " Demetrius". Am Abend dieses Tages geht er ins Theater. Kommt, von Fieber geschüttet, nach Hause.

Eines jenes Katarrhfieber, die seine Familie bei ihm gewöhnt ist. Er empfängt Freunde. Liest Märchen und Rittergeschichten. -
Vom 6. Mai an trübt sich sein Bewußtsein.
In den Nächten rezitiert er Szenen aus dem "Demetrius" Bittet Gott, ihn vor langsamen Sterben zu bewahren. Am 9. Mai, gegen 3Uhr, erfüllt Gott diese Bitte! -
Caroline von Wolzogen ist Zeugin der letzten Stunde Schillers: " Es fuhr wie ein elektrischer Schlag über seine Züge; dann sank sein Haupt zurück und die vollkommenste Ruhe verklärte sein Antlitz.

An Gottfried Körner

Weimar, 25. April (Montag) 1805.

Die beßere Jahreszeit läßt sich endlich auch bei uns fühlen und bringt wieder Muth und Stimmung; aber ich werde Mühe haben, die harten Stöße, seit neun Monaten, zu verwinden und ich fürchte, daß doch etwas davon zurückbleibt; die Natur hilft sich zwischen 40 und 50 nicht mehr als im 30sten Jahr. Indessen will ich mich ganz zufrieden geben, wenn mir nur Leben und leidliche Gesundheit bis zum 50. Jahr aushält.

Goethe war sehr krank an einer Nierencholik mit heftigen Krämpfen, welche zweymal zurückkehrte. D. Stark zweifelt, ihn ganz herstellen zu können. Jetzt hat er sich wieder ganz leidlich erhohlt, er ging so eben aus meinem Zimmer, wo er von einer Reise nach Dresden sprach, die er diesen Sommer zu machen Lust hat. Arbeiten kann er in seinen jetzigen Gesundheitsumständen freilich nicht, und gar nichts vornehmen ist wider seine Natur. So ist ihm am besten geraten, wenn er unter Kunstanschauungen lebt, die ihm einen gebildeten Stoff entgegenbringen.

Er hat diesen Winter doch nicht unthätig zugebracht.

Außer einigen sehr geistvollen Recensionen in der Jenaischen Zeitung hat er ein ungedrucktes Mscrpt Diderots, welches uns ein glücklicher Zufall in die Hände brachte, übersetzt und mit Anmerkungen begleitet; Es kommt unter dem Titel: Rameaus Neffe bei Göschen heraus und ich schicke Dirs, sobald es gedruckt ist. Diderots Geist lebt ganz darum, und auch Goethe hat den seinigen darinn abgedruckt. Es ist ein Gespräch, welches der (fingierte) Neffe des Musicus Rameau mit Diderot führt; dieser Neffe ist das Ideal eines Heroen unter dieser Klasse, und indem er sich schildert, macht er zugleich die Satyre der Societät, und der Welt, in der er lebt und gedeiht. Diderot hat darinn auf eine recht leichtfertige Art die Feinde der Encyclopädisten durchgehechelt, besonders Palissot, und alle guten Schrift­steller seiner Zeit an dem Gesindel der Winkelcritiker gerächt - dabei trägt er über den großen Streit der Musiker zu seiner Zeit seine Herzensmeinung vor, und sagt sehr viel vortreffliches darüber.Außer dieser Arbeit hat Goethe auch ungedruckte Briefe von Winkelmann drucken lassen und mit seinen Zusätzen und Bemerkungen begleitet. Auch diese Schrift wird Ostern herauskommen. Poetisches ist nichts entstanden.

Ich bin zwar jetzt ziemlich fleißig, aber die lange Entwöhnung von der Arbeit und die noch zurückgebliebene Schwäche lassen mich doch nur langsam fortschreiten. Wenn ich Dir auch gleich meinen Gegenstand nennte, so würdest Du Dir doch keine Idee von meinem Stücke machen können, weil alles auf die Art ankommt, wie ich den Stoff nehme und nicht wie er wirklich ist. Der Stoff ist historisch und so wie ich ihn nehme, hat er volle tragische Größe und könnte in gewissem Sinn das Gegenstück zu der Jungfrau von Orleans heißen, ob er gleich in allen Theilen davon verschieden ist.

Von Hubers Wittwe mußt Du Dich losmachen, sobald Du kannst. Mit diesen schlechten Naturen beschmutzt man sich nur und ist nichts als Verdruß zu gewinnen.
- Welche Impertinenz hatte das Weib, sich nur an Dich zu wenden, sie kann noch mehr thun, wenn Du sie nicht abschreckst.

Ist Dir der Necker'sche Nachlaß, den seine Tochter herausgab, zu Gesicht gekommen? Wo nicht, so will ich Dir ihn schicken. Es wird Dich doch interessieren, diese Schrift zu lesen, die alle Kläffer in Paris gegen Madame Stael in Bewegung sezte. - Sie lobt ihren Vater freilich zu unverschämt, aber es steht ihr nicht übel. - Das Buch enthält gerade nicht viel wichtiges aber doch manches curiose, worunter ein kleiner Roman von dem alten Necker eine seltsame Figur macht.

Herzlich grüßen wir euch alle.
- Lebewohl

Dein Schiller



Literatur, Dies sind nun also die letzten Zeilen/ Die letzten Briefe großer Persönlichkeiten/Kröger Verlag 2007
 

 

 




 

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