Turgéniew Ivan Sergejewitsch
1818 - 1880
 
Mit 63 Jahren tanzt der Dichter 
Turgéniew auf dem Gut des Freundes Tolstoi – in ausgelassener Gesellschaft – 
Cancan! -
Es ist sein letzter Besuch in der russischen Heimat. Es ist die letzte große 
Fröhlichkeit, der er nachgibt. – Bei der Rückkehr nach Paris meldet sich das 
Leiden, das ihn wegreißen sollte. Zwei Jahre kämpft er noch. Zeit tiefster 
Hoffnungslosigkeit!
Einzig die mehr als vier Jahrzehnte erprobte Freundschaft mit Pauline Biardot 
erleichtert ihm dieses Hinsiechen.
In ihrem Haus wohnt er in Paris. Nicht weit von ihrem Landsitz in Bougival.
An seinem Sterbebett weint die Familie Biardot wie um einen Blut – Verwandten.
Turgéniew, geb. 9. November 1818, gest. 3. September 1883. - 
An Graf Leo Tolstoi:
Bougival, den 27. oder 28. Juni 1883 – 
Lieber und teurer Leo Nikolajewitsch, ich habe Ihnen lange nicht geschrieben; 
denn ich lag und liege, kurzweg gesagt, auf dem Sterbebette. Genesen kann ich 
nicht, und es ist gar nicht daran zu denken. Ich schreibe Ihnen aber in der 
Absicht, um Ihnen zu sagen, wie sehr ich mich freue, Ihr Zeitgenosse zu sein, 
und um Ihnen meine Letzte und aufrichtige Bitte vorzutragen. Mein Freund, kehren 
Sie zu der literarischen Tätigkeit zurück!
Es stammt ja dieses Ihr Talent dort her, woher alles andere kommt. Ach, wie 
glücklich wäre ich, könnte ich glauben, daß meine Bitte bei Ihnen Erfolg hat!! 
Ich aber bin ein Mensch, mit welchem es zu Ende geht – die Ärzte wissen nicht 
einmal, wie sie meinen Krankheit nennen sollen, nevralgie stomacale goutteuse. 
Ich kann weder stehen, noch essen, noch schlafen, aber was rede ich! Es ist 
sogar langweilig, dieses alles zu wiederholen!
Mein Freund, großer Schriftsteller des russischen Landes – geben Sie acht auf 
meine Bitte! Benachrichtigen Sie mich, wenn Sie dieses Blättchen erhalten und 
erlauben Sie mir noch einmal Sie, Ihre Frau, alle die Ihrigen fest, fest zu 
umarmen …
Ich kann nicht mehr…. Ich bin müde!
      
Literatur;Ilse Linden/ Der letzte Brief Eine 
Sammlung letzter Briefe Herausgegeben von Ilse Linden /Erschienen bei Oesterheld 
& Co Verlag Berlin 1919